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Das Stunden-Buch   By: (1875-1926)

Book cover

First Page:

Das Stunden Buch

enthaltend die drei Bücher:

[Illustration]

Vom moenchischen Leben / Von der Pilgerschaft / Von der Armuth und vom Tode

Rainer Maria Rilke

Insel Verlag / Leipzig / im Jahre 1918

Das 12. bis 16. Tausend

Gelegt in die Hände von Lou

Erstes Buch

Das Buch vom mönchischen Leben

(1899)

[Illustration]

Da neigt sich die Stunde und rührt mich an mit klarem metallenem Schlag: mir zittern die Sinne. Ich fühle: ich kann und ich fasse den plastischen Tag.

Nichts war noch vollendet, eh ich es erschaut, ein jedes Werden stand still. Meine Blicke sind reif, und wie eine Braut kommt jedem das Ding, das er will.

Nichts ist mir zu klein, und ich lieb es trotzdem und mal es auf Goldgrund und groß und halte es hoch, und ich weiß nicht wem löst es die Seele los ...

Ich lebe mein Leben in wachsenden Ringen, die sich über die Dinge ziehn. Ich werde den letzten vielleicht nicht vollbringen, aber versuchen will ich ihn.

Ich kreise um Gott, um den uralten Turm, und ich kreise jahrtausendelang; und ich weiß noch nicht: bin ich ein Falke, ein Sturm oder ein großer Gesang.

Ich habe viele Brüder in Soutanen im Süden, wo in Klöstern Lorbeer steht. Ich weiß, wie menschlich sie Madonnen planen, und träume oft von jungen Tizianen, durch die der Gott in Gluten geht.

Doch wie ich mich auch in mich selber neige: mein Gott ist dunkel und wie ein Gewebe von hundert Wurzeln, welche schweigsam trinken. Nur, daß ich mich aus seiner Wärme hebe, mehr weiß ich nicht, weil alle meine Zweige tief unten ruhn und nur im Winde winken.

Wir dürfen dich nicht eigenmächtig malen, du Dämmernde, aus der der Morgen stieg. Wir holen aus den alten Farbenschalen die gleichen Striche und die gleichen Strahlen, mit denen dich der Heilige verschwieg.

Wir bauen Bilder vor dir auf wie Wände; so daß schon tausend Mauern um dich stehn. Denn dich verhüllen unsre frommen Hände, sooft dich unsre Herzen offen sehn.

Ich liebe meines Wesens Dunkelstunden, in welchen meine Sinne sich vertiefen; in ihnen hab ich, wie in alten Briefen, mein täglich Leben schon gelebt gefunden und wie Legende weit und überwunden.

Aus ihnen kommt mir Wissen, daß ich Raum zu einem zweiten zeitlos breiten Leben habe. Und manchmal bin ich wie der Baum, der, reif und rauschend, über einem Grabe den Traum erfüllt, den der vergangne Knabe (um den sich seine warmen Wurzeln drängen) verlor in Traurigkeiten und Gesängen.

Du, Nachbar Gott, wenn ich dich manches Mal in langer Nacht mit hartem Klopfen störe, so ists, weil ich dich selten atmen höre und weiß: Du bist allein im Saal. Und wenn du etwas brauchst, ist keiner da, um deinem Tasten einen Trank zu reichen: ich horche immer. Gib ein kleines Zeichen. Ich bin ganz nah.

Nur eine schmale Wand ist zwischen uns, durch Zufall; denn es könnte sein: ein Rufen deines oder meines Munds und sie bricht ein ganz ohne Lärm und Laut.

Aus deinen Bildern ist sie aufgebaut.

Und deine Bilder stehn vor dir wie Namen. Und wenn einmal das Licht in mir entbrennt, mit welchem meine Tiefe dich erkennt, vergeudet sichs als Glanz auf ihren Rahmen.

Und meine Sinne, welche schnell erlahmen, sind ohne Heimat und von dir getrennt.

Wenn es nur einmal so ganz stille wäre. Wenn das Zufällige und Ungefähre verstummte und das nachbarliche Lachen, wenn das Geräusch, das meine Sinne machen, mich nicht so sehr verhinderte am Wachen

Dann könnte ich in einem tausendfachen Gedanken bis an deinen Rand dich denken und dich besitzen (nur ein Lächeln lang), um dich an alles Leben zu verschenken wie einen Dank... Continue reading book >>




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