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Die Letzten By: Rainer Maria Rilke (1875-1926) |
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DIE LETZTEN RAINER MARIA RILKE IM GESPRÄCH
DER LIEBENDE
DIE LETZTEN BERLIN AXEL JUNCKER 1902
DEM PRINZEN UND DER PRINZESSIN
VON SCHÖNAICH CAROLATH
ZU HASELDORF
IM GESPRÄCH
Man kann gut denken, dass Bilder im Saale sind: tiefe, träumerische in
ruhigen Rahmen. Ein Giorgione vielleicht oder so ein purpurdunkles
Porträt von einem nach Tizian, etwa dem Paris Bordone. Dann weiss man,
dass Blumen da sind. Grosse erstaunte Blumen, die den ganzen Tag in
tiefen, kühlen Bronzeschalen liegen und Düfte singen: müssige Blumen. Und müssige Menschen. Zwei, drei oder fünf. Immer wieder streckt sich
das Licht aus dem Riesenkamin und beginnt sie zu zählen. Aber es irrt
sich immer wieder. Ganz vorn an der Feuerstelle lehnt die Prinzessin in Weiss; neben dem
grossen Samowar, der allen Glanz fangen möchte. Sie ist wie eine wilde
Farbenskizze, so hingestrichen im Sturm eines Einfalls oder einer Laune.
Mit Schatten und Licht gemalt aus irgend einer genialen Ungeduld heraus.
Nur die Lippen sind feiner ausgeführt. Als ob alles andere nur um dieses
Mundes willen da wäre. Als ob man ein Buch gemacht hätte, um auf eine
von hundert Seiten die stille Elegie dieses Lächelns zu schreiben. Der Herr aus Wien neben ihr neigt sich ein wenig vor in dem breiten
Gobelinstuhl: »Durchlaucht« sagt er und irgend etwas hinterdrein, was
ihm selber wertlos scheint. Aber die weichen Worte, die nichts bedeuten,
gehen über alle hin, wie eine Wärme, und Jemand sagt dankbar: »Deutsch
sprechen ist fast wie Schweigen.« Und dann hat man wieder eine Weile Zeit zu denken, dass Bilder da sind,
und welche. Bis Graf Saint Quentin, der am Kamin steht, fragt: »Haben
Sie die Madonna gesehen, Helena Pawlowna?« Die Prinzessin senkt die Stirne. »Sie werden sie nicht kaufen?« »Es ist ein gutes Bild« sagt der Herr aus Wien und vertieft sich in
seine feinen, frauenhaften Hände. Und ein deutscher Maler, der irgendwo im Dunkel sitzt, fügt hastig an: »Ja, man könnte es um sich haben. Ich meine in der Wohnstube oder so.«
Und nachdem seine Worte ganz verklungen sind, neigt sich Helena Pawlowna
vor: »Nein« sagt sie und dann traurig: »Man müsste ihm einen Altar
bauen.« Ihre Worte tasten tief in den Saal hinein, wie Suchende. Pause. Da macht
die Prinzessin eine kleine bange Bewegung und will ihnen finden helfen. »Kasimir, soll ich die Madonna kaufen?« Weither kommt eine volle slavische Stimme, um sich zu wundern. »Sie fragen =mich=?« Pause. Und Helena Pawlowna bittet um Verzeihung: »Sind Sie nicht Künstler?« Antwort: »Manchmal, Helena Pawlowna, manchmal « Wenn die silberne Uhr jetzt nicht geschlagen hätte, würde der deutsche
Maler geantwortet haben: »Aber« doch die silberne Uhr rief auf einmal
eine ganze Menge, und da gab er es auf. Besonders, da Graf Saint Quentin
sagte: »Uebrigens sind Sie den ersten Winter in Venedig, Helena
Pawlowna?« »Ja. Aber ich kann mir nicht denken, dass es jemals anders war.« »Es ist seltsam. Diese alten Paläste sind so rührend in ihrem
Anvertrauen. Sie haben viele Erinnerungen. Und da ist Einem manchmal,
als ob man alle mit ihnen teilte. Nicht?« So sagt der Herr aus Wien und
schliesst die Augen dabei. Er sieht also nicht, dass Helena Pawlowna lächelt, während sie ergänzt:
»Sie haben Recht. =Eines= besonders: dass man nicht =hier= Kind war, kann
man gar nicht begreifen... Continue reading book >>
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