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Die Weise von Liebe und Tod des Cornets Christoph Rilke By: Rainer Maria Rilke (1875-1926) |
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von Rainer Maria Rilke
[Illustration]
Im Insel Verlag zu Leipzig Geschrieben 1899 »... den 24. November 1663 wurde Otto von Rilke / auf
Langenau / Gränitz und Ziegra / zu Linda mit seines in
Ungarn gefallenen Bruders Christoph hinterlassenem Anteile
am Gute Linda beliehen; doch mußte er einen Revers
ausstellen / nach welchem die Lehensreichung null und
nichtig sein sollte / im Falle sein Bruder Christoph (der
nach beigebrachtem Totenschein als Cornet in der Kompagnie
des Freiherrn von Pirovano des kaiserl. österr. Heysterschen
Regiments zu Roß .... verstorben war) zurückkehrt ...« Reiten, reiten, reiten, durch den Tag, durch die Nacht,
durch den Tag. Reiten, reiten, reiten. Und der Mut ist so müde geworden und die Sehnsucht so groß.
Es gibt keine Berge mehr, kaum einen Baum. Nichts wagt
aufzustehen. Fremde Hütten hocken durstig an versumpften
Brunnen. Nirgends ein Turm. Und immer das gleiche Bild. Man
hat zwei Augen zuviel. Nur in der Nacht manchmal glaubt man
den Weg zu kennen. Vielleicht kehren wir nächtens immer
wieder das Stück zurück, das wir in der fremden Sonne mühsam
gewonnen haben? Es kann sein. Die Sonne ist schwer, wie bei
uns tief im Sommer. Aber wir haben im Sommer Abschied
genommen. Die Kleider der Frauen leuchteten lang aus dem
Grün. Und nun reiten wir lang. Es muß also Herbst sein.
Wenigstens dort, wo traurige Frauen von uns wissen. Der von Langenau rückt im Sattel und sagt: »Herr
Marquis ...« Sein Nachbar, der kleine feine Franzose, hat erst drei Tage
lang gesprochen und gelacht. Jetzt weiß er nichts mehr. Er
ist wie ein Kind, das schlafen möchte. Staub bleibt auf
seinem feinen weißen Spitzenkragen liegen; er merkt es
nicht. Er wird langsam welk in seinem samtenen Sattel. Aber der von Langenau lächelt und sagt: »Ihr habt seltsame
Augen, Herr Marquis. Gewiß seht Ihr Eurer Mutter ähnlich « Da blüht der Kleine noch einmal auf und stäubt seinen Kragen
ab und ist wie neu. Jemand erzählt von seiner Mutter. Ein Deutscher offenbar.
Laut und langsam setzt er seine Worte. Wie ein Mädchen, das
Blumen bindet, nachdenklich Blume um Blume probt und noch
nicht weiß, was aus dem Ganzen wird : so fügt er seine
Worte. Zu Lust? Zu Leide? Alle lauschen. Sogar das Spucken
hört auf. Denn es sind lauter Herren, die wissen, was sich
gehört. Und wer das Deutsche nicht kann in dem Haufen, der
versteht es auf einmal, fühlt einzelne Worte: »Abends« ...
»Klein war ...« Da sind alle einander nah, diese Herren, die aus Frankreich
kommen und aus Burgund, aus den Niederlanden, aus Kärntens
Tälern, von den böhmischen Burgen und vom Kaiser Leopold.
Denn was der Eine erzählt, das haben auch sie erfahren und
gerade so. Als ob es nur eine Mutter gäbe ... So reitet man in den Abend hinein, in irgend einen Abend.
Man schweigt wieder, aber man hat die lichten Worte mit. Da
hebt der Marquis den Helm ab. Seine dunklen Haare sind weich
und, wie er das Haupt senkt, dehnen sie sich frauenhaft auf
seinem Nacken. Jetzt erkennt auch der von Langenau: Fern
ragt etwas in den Glanz hinein, etwas schlankes, dunkles.
Eine einsame Säule, halbverfallen. Und wie sie lange vorüber
sind, später, fällt ihm ein, daß das eine Madonna war. Wachtfeuer. Man sitzt rundumher und wartet. Wartet, daß
einer singt. Aber man ist so müd. Das rote Licht ist schwer.
Es liegt auf den staubigen Schuhn. Es kriecht bis an die
Kniee, es schaut in die gefalteten Hände hinein. Es hat
keine Flügel. Die Gesichter sind dunkel. Dennoch leuchten
eine Weile die Augen des kleinen Franzosen mit eigenem
Licht. Er hat eine kleine Rose geküßt, und nun darf sie
weiterwelken an seiner Brust. Der von Langenau hat es
gesehen, weil er nicht schlafen kann. Er denkt: ich habe
keine Rose, keine... Continue reading book >>
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