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Eine Kindheitserinnerung aus »Dichtung und Wahrheit« By: Sigmund Freud (1856-1939) |
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Der Text stammt aus: Imago. Zeitschrift für Anwendung der
Psychoanalyse auf die Geisteswissenschaften V (1917). S. 49 57. Schreibweise und Interpunktion des Originaltextes wurden übernommen;
lediglich offensichtliche Druckfehler wurden korrigiert. Eine Liste
der vorgenommenen Änderungen findet sich am Ende des Textes. Im Original gesperrt gedruckter Text wurde mit markiert.
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Eine Kindheitserinnerung aus »Dichtung und Wahrheit«. Von SIGM. FREUD (Wien).
»Wenn man sich erinnern will, was uns in der frühesten Zeit der Kindheit
begegnet ist, so kommt man oft in den Fall, dasjenige, was wir von
anderen gehört, mit dem zu verwechseln, was wir wirklich aus eigener
anschauender Erfahrung besitzen.« Diese Bemerkung macht Goethe auf
einem der ersten Blätter der Lebensbeschreibung, die er im Alter von
sechzig Jahren aufzuzeichnen begann. Vor ihr stehen nur einige
Mitteilungen über seine »am 28. August 1749, mittags mit dem
Glockenschlag zwölf« erfolgte Geburt. Die Konstellation der Gestirne war
ihm günstig und mag wohl Ursache seiner Erhaltung gewesen sein, denn er
kam »für todt« auf die Welt, und nur durch vielfache Bemühungen brachte
man es dahin, daß er das Licht erblickte. Nach dieser Bemerkung folgt
eine kurze Schilderung des Hauses und der Räumlichkeit, in welcher sich
die Kinder er und seine jüngere Schwester am liebsten aufhielten.
Dann aber erzählt Goethe eigentlich nur eine einzige Begebenheit,
die man in die »früheste Zeit der Kindheit« (in die Jahre bis vier?)
versetzen kann, und an welche er eine eigene Erinnerung bewahrt zu haben
scheint. Der Bericht hierüber lautet: »und mich gewannen drei gegenüber wohnende
Brüder von Ochsenstein, hinterlassene Söhne des verstorbenen
Schultheißen, gar lieb, und beschäftigten und neckten sich mit mir auf
mancherlei Weise.« »Die Meinigen erzählten gern allerlei Eulenspiegeleien, zu denen mich
jene sonst ernsten und einsamen Männer angereizt. Ich führe nur einen
von diesen Streichen an. Es war eben Topfmarkt gewesen und man hatte
nicht allein die Küche für die nächste Zeit mit solchen Waren versorgt,
sondern auch uns Kindern dergleichen Geschirr im kleinen zu spielender
Beschäftigung eingekauft. An einem schönen Nachmittag, da alles ruhig
im Hause war, trieb ich im Geräms (der erwähnten gegen die Straße
gerichteten Örtlichkeit) mit meinen Schüsseln und Töpfen mein Wesen und
da weiter nichts dabei herauskommen wollte, warf ich ein Geschirr auf
die Straße und freute mich, daß es so lustig zerbrach. Die von
Ochsenstein, welche sahen, wie ich mich daran ergötzte, daß ich so gar
fröhlich in die Händchen patschte, riefen: Noch mehr! Ich säumte nicht,
sogleich einen Topf und auf immer fortwährendes Rufen: Noch mehr! nach
und nach sämtliche Schüsselchen, Tiegelchen, Kännchen gegen das Pflaster
zu schleudern. Meine Nachbarn fuhren fort, ihren Beifall zu bezeigen und
ich war höchlich froh ihnen Vergnügen zu machen. Mein Vorrat aber war
aufgezehrt, und sie riefen immer: Noch mehr! Ich eilte daher stracks in
die Küche und holte die irdenen Teller, welche nun freilich im
Zerbrechen ein noch lustigeres Schauspiel gaben; und so lief ich hin und
wieder, brachte einen Teller nach dem anderen, wie ich sie auf dem
Topfbrett der Reihe nach erreichen konnte, und weil sich jene gar nicht
zufrieden gaben, so stürzte ich alles, was ich von Geschirr erschleppen
konnte, in gleiches Verderben. Nur später erschien jemand zu hindern und
zu wehren. Das Unglück war geschehen, und man hatte für so viel
zerbrochene Töpferware wenigstens eine lustige Geschichte, an der sich
besonders die schalkischen Urheber bis an ihr Lebensende ergötzten.« Dies konnte man in voranalytischen Zeiten ohne Anlaß zum Verweilen und
ohne Anstoß lesen; aber später wurde das analytische Gewissen rege. Man
hatte sich ja über Erinnerungen aus der frühesten Kindheit bestimmte
Meinungen und Erwartungen gebildet, für die man gerne allgemeine
Gültigkeit in Anspruch nahm... Continue reading book >>
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