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Einige Charaktertypen aus der psychoanalytischen Arbeit By: Sigmund Freud (1856-1939) |
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Der Text stammt aus: Imago. Zeitschrift für Anwendung der
Psychoanalyse auf die Geisteswissenschaften IV (1916). S. 317 336. Schreibweise und Interpunktion des Originaltextes wurden übernommen;
lediglich offensichtliche Druckfehler wurden korrigiert. Eine Liste
der vorgenommenen Änderungen findet sich am Ende des Textes. Im Original gesperrt gedruckter Text wurde mit markiert.
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Einige Charaktertypen aus der psychoanalytischen Arbeit. Von SIGM. FREUD.
Wenn der Arzt die psychoanalytische Behandlung eines Nervösen
durchführt, so ist sein Interesse dabei keineswegs in erster Linie auf
dessen Charakter gerichtet. Er möchte viel eher wissen, was seine
Symptome bedeuten, welche Triebregungen sich hinter ihnen verbergen und
durch sie befriedigen, und über welche Stationen der geheimnisvolle Weg
von jenen Triebwünschen zu diesen Symptomen geführt hat. Aber die
Technik, der er folgen muß, nötigt den Arzt bald, seine Wißbegierde
vorerst auf andere Objekte zu richten. Er bemerkt, daß seine Forschung
durch Widerstände bedroht wird, die ihm der Kranke entgegensetzt, und
darf diese Widerstände dem Charakter des Kranken zurechnen. Nun hat
dieser Charakter den ersten Anspruch an sein Interesse. Was sich der Bemühung des Arztes widersetzt, sind nicht immer die
Charakterzüge, zu denen sich der Kranke bekennt, und die ihm von seiner
Umgebung zugesprochen werden. Oft zeigen sich Eigenschaften des Kranken
bis zu ungeahnten Intensitäten gesteigert, von denen er nur ein
bescheidenes Maß zu besitzen schien, oder es kommen Einstellungen bei
ihm zum Vorschein, die sich in anderen Beziehungen des Lebens nicht
verraten hatten. Mit der Beschreibung und Zurückführung einiger von
diesen überraschenden Charakterzügen werden sich die nachstehenden
Zeilen beschäftigen.
I. Die Ausnahmen. Die psychoanalytische Arbeit sieht sich immer wieder vor die Aufgabe
gestellt, den Kranken zum Verzicht auf einen naheliegenden und
unmittelbaren Lustgewinn zu bewegen. Er soll nicht auf Lust überhaupt
verzichten; das kann man vielleicht keinem Menschen zumuten, und selbst
die Religion muß ihre Forderung, irdische Lust fahren zu lassen, mit dem
Versprechen begründen, dafür ein ungleich höheres Maß von wertvollerer
Lust in einem Jenseits zu gewähren. Nein, der Kranke soll bloß auf
solche Befriedigungen verzichten, denen eine Schädigung unfehlbar
nachfolgt, er soll bloß zeitweilig entbehren, nur den unmittelbaren
Lustgewinn gegen einen besser gesicherten, wenn auch aufgeschobenen,
eintauschen lernen. Oder mit anderen Worten, er soll unter der
ärztlichen Leitung jenen Fortschritt vom Lustprinzip zum
Realitätsprinzip machen, durch welchen sich der reife Mensch vom Kinde
scheidet. Bei diesem Erziehungswerk spielt die bessere Einsicht des
Arztes kaum eine entscheidende Rolle; er weiß ja in der Regel dem
Kranken nichts anderes zu sagen, als was diesem sein eigener Verstand
sagen kann. Aber es ist nicht dasselbe, etwas bei sich zu wissen und
dasselbe von anderer Seite zu hören; der Arzt übernimmt die Rolle dieses
wirksamen Anderen; er bedient sich des Einflusses, den ein Mensch auf
den anderen ausübt. Oder: erinnern wir uns daran, daß es in der
Psychoanalyse üblich ist, das Ursprüngliche und Wurzelhafte an Stelle
des Abgeleiteten und Gemilderten einzusetzen, und sagen wir, der Arzt
bedient sich bei seinem Erziehungswerk irgend einer Komponente der
Liebe . Er wiederholt bei solcher Nacherziehung wahrscheinlich nur den
Vorgang, der überhaupt die erste Erziehung ermöglicht hat. Neben der
Lebensnot ist die Liebe die große Erzieherin, und der unfertige Mensch
wird durch die Liebe der ihm Nächsten dazu bewogen, auf die Gebote der
Not zu achten und sich die Strafen für deren Übertretung zu ersparen. Fordert man so von den Kranken einen vorläufigen Verzicht auf irgend
eine Lustbefriedigung, ein Opfer, die Bereitwilligkeit, zeitweilig für
ein besseres Ende Leiden auf sich zu nehmen, oder auch nur den
Entschluß, sich einer für alle geltenden Notwendigkeit zu unterwerfen,
so stößt man auf einzelne Personen, die sich mit einer besonderen
Motivierung gegen solche Zumutung sträuben... Continue reading book >>
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