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Eros und die Evangelien Aus den Notizen eines Vagabunden By: Waldemar Bonsels (1881?-1952) |
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Schreibweise und Interpunktion des Originaltextes wurden
übernommen; lediglich offensichtliche Druckfehler wurden
korrigiert. Eine Liste der vorgenommenen Änderungen findet
sich am Ende des Textes.
Im Original gesperrt gedruckter Text wurde mit markiert. WALDEMAR BONSELS EROS UND DIE EVANGELIEN Aus den Notizen eines Vagabunden
67. bis 90. Tausend
1922 Verlag der Literarischen Anstalt
Rütten & Loening
Frankfurt a. M. Alle Rechte, besonders das der Übersetzung, vorbehalten.
Copyright 1920 by Literarische Anstalt Rütten & Loening, Frankfurt a. M.
Die Einbandzeichnung ist von Walter Tiemann.
Druck der Spamerschen Buchdruckerei in Leipzig. Die holländische Ausgabe im Verlag »Patria«, Amersfort. Kapitelfolge Seite
Der Tod 7
Das Meer 109
Erstes Kapitel Der Tod
Eines Morgens machte ich die Entdeckung, daß sich am Deckleder eines
meiner Stiefel eine Naht zu lösen begann, so daß eine Spalte klaffte,
wenn ich den Fuß streckte. Es setzte mich in Erstaunen, da meine
Stiefel, mit Ausnahme der Sohlen, eigentlich noch in einem recht
brauchbaren Zustand waren, zumal, wenn man nicht absichtlich den Blick
auf die Absätze richtete, die nicht mehr ganz grade aussahen. Da ich
damals eine für meine Verhältnisse und Ansprüche angesehene Stellung in
einer Buchdruckerei bekleidete, mußte ich Wert auf meine äußere
Erscheinung legen und begab mich deshalb zu einem Schuhmacher, der
Stevenhagen hieß und in der Nähe meiner Behausung auf einem Hofe wohnte. Er war, wie alle Schuhmacher, ein Mann von Nachdenklichkeit und Bildung,
besonders für die erste seiner Eigenschaften gaben meine Stiefel ihm
Gelegenheit. Er hielt sie mit einer Unnachsichtigkeit ans Licht, die
etwas Rohes an sich hatte, und sah mich dann mit einem Ernst an, der
meiner Meinung nach in keinem Verhältnis zur Bedeutung des vorliegenden
Falls stand. »Es handelt sich vorläufig nur um die Naht, ich springe nur eben so auf
meinem Weg zu Ihnen herein« sagte ich. »So,« antwortete er mit genauer Beachtung meiner Worte, »lange werden
Sie auf diesen Stiefeln nicht mehr springen.« Der Mann war ohne Takt, er sprach nur zur Sache, ohne in Betracht zu
ziehen, daß zu dieser Sache auch eine Person gehörte. Zudem kostete er
die zufällige Überlegenheit, die die Lage ihm einbrachte, zu auffällig
aus. Ich hätte auch vielleicht besser daran getan, nichts davon zu
sagen, daß ich nur auf einen Sprung zu ihm gekommen sei. Wenn ich die
Stiefel mürrisch und wortlos hingehalten, ins Zimmer gespuckt und
geflucht hätte, so wäre ihm von mir und meinen Stiefeln ein Gesamtbild
entstanden, das er besser überblickt und ohne inneren Widerstand
hingenommen hätte. Offenbar war er jetzt der Meinung, daß ich
beabsichtigt hatte, mehr zu scheinen, als ich war, daß ich gewissermaßen
den schlimmen Zustand meiner Bekleidung als zufällig hinzustellen
beabsichtigte, und mich für etwas besseres hielt, als andere Leute mit
zerschlissenen Stiefeln. Ich dachte, am besten ist es, man spricht offen mit dem Mann über diese
Dinge, und ich hätte es sicher getan, wenn draußen nicht der Regen vom
grauen Himmel geströmt wäre. Die eintönige Pflicht meines Tages lag mir
schwer im Sinn. Der Sommer ging zur Neige und die ratlose Trauer über
mein Geschick und meine Zukunft quälte mich. Welch eine Kluft gähnte
zwischen meinen Erwartungen und den Aussichten, die sich mir boten, ich
lebte Tag um Tag nur von meiner Hoffnung, sie war mein Brot. Solche
Leute sind vom Sonnenschein abhängig, wer dagegen weiß, was er zu tun
hat, tut es auch im Regen, und ein Ziel läßt sich selbst im Sturm
verfolgen, aber die Hoffnung hängt vom Licht und von der Wärme ab, wie
ein Keim in der Erde. Ich fühlte, während die Geräte des Handwerkers erklangen, die Unruhe mit
ihrem tödlichen Nachbarn, dem Hang zu zerstören, in mir wachsen. So
erhob ich mich von meinem Sitz auf der Fensterbank und schritt auf
Strümpfen durch die angelegte Tür auf den Hausflur hinaus, nur um mich
zu bewegen, in meinem hilflosen Ungenügen... Continue reading book >>
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