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Flametti oder vom Dandysmus der Armen By: Hugo Ball (1886-1927) |
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Hugo Ball
Emmy Hennings zugeeignet
I
Flametti zog die Hosen an, spannte die Hosenträger und brachte durch
mehrfaches Wippen der Beine die etwas straff ansetzende Hosennaht in
die angängigste Lage. Er zündete sich eine Zigarette an, stülpte die
Hemdärmel auf und trat aus dem Schlafgemach in das Gasfrühlicht
seiner geheizten Stube. "Kaffee!" befahl er mit etwas verschlafener, rauh gepolsterter Stimme. Er strich sich die haarigen Arme und gähnte. Trat vor den
Spiegelschrank, zog sich den Scheitel. Er bürstete Hosen und Stiefel
ab, setzte sich dann auf das weinrote Plüschsofa und öffnete zögernd
die Schieblade des vor dem Sofa stehenden Eßtisches. Dort befanden sich seine Rechnungsbücher, seine verschiedenen Kassen,
Quittungshefte und die brandroten Briefkuverte, die die Anschrift
trugen "Flamettis Varieté Ensemble". Er stellte die Gagen zusammen es war der fünfzehnte und fand, daß
er zu zahlen habe:
dem Jodlerterzett (Vater, Mutter und Tochter), nach Abzug der à conti
Fr. 27.50 dem Kontorsionisten, nach Abzug der à conti " 2.27 dem Damenimitator (keine à conti) " 60. der Soubrette und dem Pianisten (zusammengenommen, sie lebten
zusammen), nach Abzug der à conti " 15.
Zusammen Fr. 104.77 Dagegen befanden sich in der Kasse: für das Terzett (hier war Genauigkeit geboten, die Leute waren
unruhig, aufsässig und Anarchisten) Fr. 27.50 für den Kontorsionisten (dem gab er die Gage unter der Hand) " . für den Damenimitator (bei schlechtem Geschäftsgang hatte Flametti
für ihn nur jeweils die Hälfte der Gage allabends zurückgelegt) " 30. für das Pianisten Soubrettenpaar (strebsame, ruhige Leute, die
Anspruch machten auf Solidität) " 15. Flametti addierte Fr. 72.50 Er zog die Summe von den Fr. 104.77 ab. Blieben Fr. 32.27, die aus
der Haupt und Betriebskasse noch nachzuzahlen waren. Er öffnete auch diese Kasse und fand darin bar Fr. 41.81. "Neun Franken vierundfünfzig Vermögen!" Er schloß die verschiedenen
Kassen ab, schob die Schieblade zurück, schloß auch diese und steckte
die Schlüssel zu sich. Seine linke Augenbraue flog hoch, für einen Moment. Er tat einen
kräftigen Zug aus der Zigarette und blies den Rauch aus der Lunge.
"Lausige Zeiten!" brummte er. "Aber wird sich schon geben. Nur kalt
Blut!" Ein kleiner Schalter öffnete sich, der das Wohnzimmer mit der Küche
verband, und ein übergroß langes, mürrisches Gesicht erschien in der
öffnung. Eine große, magere Hand schob ein Tablett mit Kaffee, Milch
und Zucker durch die öffnung. Dann ging auch die Türe und eine
hörbar schnaubende ältere Frau erschien, mißmutig, verdrießlich,
rußig, in schleppenden, grauen Pantoffeln, mit schmutzigem Rock von
undefinierbarer Farbe und mit aufgestecktem Haar, das wie das Nest
einer Rauchschwalbe aussah: Theres, die Wirtschafterin. Sie schleppte sich zum Tisch, zog die Tischdecke weg und legte sie
knurrend zusammen. Schlappte langsam und uninteressiert zum Schalter,
nahm das Tablett und stellte es auf den Tisch. Ohne ein Wort gesprochen zu haben, brummte sie wieder hinaus, die Tür
lehnte sich hinter ihr an, und von draußen schloß sich der Schalter. Flametti goß sich Kaffee ein. Er nahm den Hut vom Haken, legte die
Joppe an, die über der Stuhllehne hing, holte aus einer Ecke sein
Angelgerät, aus dem Büfett einige Blechdosen von unterschiedlicher
Größe und war bereit. Nein, die Ringe! Er drehte die Ringe von den geschwollenen Fingern,
den Totenkopfring und den Ehering, legte sie in das Geheimfach im
Schrank, schloß den Schrank ab, steckte den Schlüssel zu sich und
ging. Auf der Postuhr schlug es halb sechs... Continue reading book >>
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