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Frau und Kindern auf der Spur
Gerold K. Rohner
September 1995
Kapitel 1
"Na, hübsche zwei Töchter habt ihr hier und selbst seid ihr auch nicht so
schlecht", hetzte er mit heiserer Stimme. Ein grosser, starker aber
hässlicher Bursche war er. Dabei wäre er gar nicht so hässlich gewesen,
mit seinen grossen blauen Augen, aber sein verdorbener Charakter schien
durch sein Gesicht.
"Kann ich eine der beiden für ein Stündchen mieten, Madam? Sicher hätten
sie nichts dagegen oder wär es ihnen lieber ich fäng ein Streitchen an
mit ihrem Jungen da und tötete ihn im Duell?"
Das war eine arge Drohung, ging mir durch den Kopf. Da musste die arme
Frau zwischen dem Regen und der Traufe wählen. Sie war kaum im Stande
ihre drei Kinder gegen diesen Bullen zu verteidigen. Ich sass in der Bar
im "Whisky Barrel" Saloon in Santa Fe und dachte : Warum kommen Prüfungen
immer dann, wenn man noch nicht fuer sie bereit ist? Ja, ich war
schneller als nur noch vor einigen Wochen, aber ich war noch lange nicht
schnell genug.
Der arge Bursche hob ein Bein auf den einzigen leeren Stuhl am Tisch. Der
Tisch war an der Wand und war besetzt von der wunderhübschen Frau mit den
drei Kindern, die ihr zwar nicht glichen, aber ihre eigenen waren. Der
Älteste, der Junge, sah etwa zwanzig aus, war jedoch jünger. Er war gross
und mager gewachsen. Die Mädchen waren sechzehn und dreizehn, noch
hübscher als die Frau. Sie waren spindeldürr, blond, sehr hellhäutig, mit
blauen Augen. Sie waren fast wie Männer gekleidet, auch die Frau. Sie
sahen sehr zart aus, waren aber sehr lebendig und schienen guten Humors zu
sein. Doch jetzt, seit dieser Bursche an ihren Tisch getreten war, hatte
sich ihre Laune schnell geändert. Sie sahen plötzlich ängstlich aus, als
ob dies nicht das erste Mal wäre, an dem sie belästigt wurden.
Ich wusste, ich musste helfen, aber ich wollte sie nicht in grössere
Gefahr bringen durch unüberlegtes Handeln. Mal abwarten! Das musste ich
sowieso. Noch war nichts geschehen das mein Eingreifen gerechtfertigt
hätte. So oder so, Santa Fe hatte sicher einen Sheriff. Der Bursche
konnte also den Jungen nicht einfach niederschiessen solange sich dieser
nicht provozieren liess, sonst würde der Bursche des Mordes beschuldigt
und vom Sheriff in Haft genommen. Das wollte er sicher nicht. Griff der
Junge aber zum Colt, dann könnte ihn der Bursche niederschiessen in
sogenannter Selbstverteidigung.
Ich hoffte der Junge würde die Nerven nicht verlieren. Er sah nicht
gerade glücklich aus im Moment hatte sich aber wohl gehütet seine Hände
auch nur in die Nähe seines Revolvers zu bringen.
"Lass meine Gäste in Ruhe", bruellte der riesenhafte Wirt. Der musste
mindestens drei hundert Pfund wiegen. In seinem schwarzen Leder Gilet sah
er mehr wie ein Henker aus als wie ein Schenker. Er war hinter der Bar
hervorgetreten und schwenkte seine Arme in veritabler Drohung.
"Weisst du mit wem du sprichst, Buffalo. Ich bin Billy Kane,
Steckbriefjägerlein Numero Uno hierzulande. Mit mir hat's noch keiner
aufgenommen. Und das dort ist mein Dienerchen Juan. Er schiesst fast so
schnell wie ich. So lass uns in Ruhe, Buffalo, sonst schiessen wir ein
paar Löchlein durch deinen Pelz, so dass das Fett nur so raussprudelt."
Darauf hin lachte die ganze Runde im Saloon.
Schöne Bande die wir hier versammelt haben, dachte ich. Ja ich hatte
schon von Billy Kane gehört. Er war als Kopfjäger mehr berüchtigt als
berühmt. Kopfjäger nannte ich alle Steckbriefjäger, weil sie meistens
grössere Schuften waren, als die, die sie jagten. Er soll schon manche in
den Rücken geschossen haben und sein Dienerchen Juan war auch kein
Engelein. Es war wohl mit seiner Hilfe im Hinterhalt dass Billy mehrere
Duelle gewonnen hatte. Solche Duelle finden nicht immer mit Zeugen statt,
die den Schuss aus dem Hinterhalt hätten hören können... Continue reading book >>
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