Books Should Be Free Loyal Books Free Public Domain Audiobooks & eBook Downloads |
|
Im Saal Novelle By: Theodor Storm (1817-1888) |
---|
![]()
Taschenausgaben 23
Im Sonnenschein Drei Sommergeschichten von Theodor Storm
Dreizehnte Auflage
Verlag von Gebrüder Paetel Berlin
Druck von G. Kreysing in Leipzig
Meiner Mutter zum W e i h n a c h t a b e n d 1854
IM SAAL.
Am Nachmittag war Kindtaufe gewesen; nun war es gegen Abend. Die Eltern
des Täuflings saßen mit den Gästen im geräumigen Saal, unter ihnen die
Großmutter des Mannes; die andern waren ebenfalls nahe Verwandte, junge
und alte, die Großmutter aber war ein ganzes Geschlecht älter, als die
ältesten von diesen. Das Kind war nach ihr »Barbara« getauft worden;
doch hatte es auch noch einen schöneren Namen erhalten, denn Barbara
allein klang doch gar zu altfränkisch für das hübsche kleine Kind.
Dennoch sollte es mit diesem Namen gerufen werden; so wollten es beide
Eltern, wieviel auch die Freunde dagegen einzuwenden hatten. Die alte
Großmutter aber erfuhr nichts davon, daß die Brauchbarkeit ihres
langbewährten Namens in Zweifel gezogen war. Der Prediger hatte nicht lange nach Verrichtung seines Amtes den
Familienkreis sich selbst überlassen; nun wurden alte, liebe, oft
erzählte Geschichten hervorgeholt und nicht zum letzten Male wieder
erzählt. Sie kannten sich alle; die Alten hatten die Jungen aufwachsen,
die Ältesten die Alten grau werden sehen; von allen wurden die
anmutigsten und spaßhaftesten Kindergeschichten erzählt; wo kein andrer
sie wußte, da erzählte die Großmutter. Von ihr allein konnte niemand
erzählen; ihre Kinderjahre lagen hinter der Geburt aller andern; die
außer ihr selbst etwas davon wissen konnten, hätten weit über jedes
Menschenalter hinaus sein müssen. Unter solchen Gesprächen war es
abendlich geworden. Der Saal lag gegen Westen, ein roter Schimmer fiel
durch die Fenster noch auf die Gipsrosen an den weißen, mit
Stukkaturarbeit gezierten Wänden; dann verschwand auch der. Aus der
Ferne konnte man ein dumpfes eintöniges Rauschen in der jetzt
eingetretenen Stille vernehmen. Einige der Gäste horchten auf. »Das ist das Meer,« sagte die junge Frau. »Ja,« sagte die Großmutter, »ich habe es oft gehört; es ist schon lange
so gewesen.« Dann sprach wieder niemand; draußen vor den Fenstern in dem schmalen
Steinhof stand eine große Linde, und man hörte, wie die Sperlinge unter
den Blättern zur Ruhe gingen. Der Hauswirt hatte die Hand seiner Frau
gefaßt, die still an seiner Seite saß, und heftete die Augen an die
krause altertümliche Gipsdecke. »Was hast du?« fragte ihn die Großmutter. »Die Decke ist gerissen,« sagte er, »die Simse sind auch gesunken. Der
Saal wird alt, Großmutter, wir müssen ihn umbauen.« »Der Saal ist noch nicht so alt,« erwiderte sie, »ich weiß noch wohl,
als er gebaut wurde.« »Gebaut? Was war denn früher hier?« »Früher?« wiederholte die Großmutter; dann verstummte sie eine Weile und
saß da, wie ein lebloses Bild; ihre Augen sahen rückwärts in eine
vergangene Zeit, ihre Gedanken waren bei den Schatten der Dinge, deren
Wesen lange dahin war. Dann sagte sie: »Es ist achtzig Jahre her; dein
Großvater und ich, wir haben es uns oft nachher erzählt, die Saaltür
führte dazumal nicht in einen Hausraum, sondern aus dem Hause hinaus in
einen kleinen Ziergarten; es ist aber nicht mehr dieselbe Tür, die alte
hatte Glasscheiben, und man sah dadurch gerade in den Garten hinunter,
wenn man zur Haustür hereintrat... Continue reading book >>
|
Genres for this book |
---|
Fiction |
Literature |
eBook links |
---|
Wikipedia – Theodor Storm |
Wikipedia – Im Saal Novelle |
eBook Downloads | |
---|---|
ePUB eBook • iBooks for iPhone and iPad • Nook • Sony Reader |
Kindle eBook • Mobi file format for Kindle |
Read eBook • Load eBook in browser |
Text File eBook • Computers • Windows • Mac |
Review this book |
---|