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Kampagne in Frankreich By: Johann Wolfgang von Goethe (1749-1832) |
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Johann Wolfgang von Goethe
Den 23. August 1792. Gleich nach meiner Ankunft in Mainz besuchte ich Herrn von Stein den
Älteren, königlich preußischen Kammerherrn und Oberforstmeister, der
eine Art Residentenstelle daselbst versah und sich im Hass gegen
alles Revolutionäre gewaltsam auszeichnete. Er schilderte mir mit
flüchtigen Zügen die bisherigen Fortschritte der verbündeten Heere
und versah mich mit einem Auszug des topographischen Atlas von
Deutschland, welchen Jäger zu Frankfurt unter dem Titel
"Kriegstheater" veranstaltet. Mittags bei ihm zur Tafel fand ich mehrere französische Frauenzimmer,
die ich mit Aufmerksamkeit zu betrachten Ursache hatte; die eine
man sagte, es sei die Geliebte des Herzogs von Orleans eine
stattliche Frau, stolzen Betragens und schon von gewissen Jahren, mit
rabenschwarzen Augen, Augenbraunen und Haar; übrigens im Gespräch mit
Schicklichkeit freundlich. Eine Tochter, die Mutter jugendlich
darstellend, sprach kein Wort. Desto munterer und reizender zeigte
sich die Fürstin Monaco, entschiedene Freundin des Prinzen von Condé,
die Zierde von Chantilly in guten Tagen. Anmutiger war nichts zu
sehen als diese schlanke Blondine: jung, heiter, possenhaft; kein
Mann, auf den sie's anlegte, hätte sich verwahren können. Ich
beobachtete sie mit freiem Gemüt und wunderte mich, Philinen, die ich
hier nicht zu finden glaubte, so frisch und munter ihr Wesen treibend
mir abermals begegnen zu sehen. Sie schien weder so gespannt noch
aufgeregt als die übrige Gesellschaft, die denn freilich in Hoffnung,
Sorgen und Beängstigung lebte. In diesen Tagen waren die Alliierten
in Frankreich eingebrochen. Ob sich Longwy sogleich ergeben, ob es
widerstehen werde, ob auch republikanisch französische Truppen sich
zu den Alliierten gesellen und jedermann, wie es versprochen worden,
sich für die gute Sache erklären und die Fortschritte erleichtern
werde, das alles schwebte gerade in diesem Augenblick in Zweifel.
Kuriere wurden erwartet; die letzten hatten nur das langsame
Vorschreiten der Armee und die Hindernisse grundloser Wege gemeldet.
Der gepresste Wunsch dieser Personen ward nur noch bänglicher, als
sie nicht verbergen konnten, dass sie die schnellste Rückkehr ins
Vaterland wünschen mussten, um von den Assignaten, der Erfindung
ihrer Feinde, Vorteil ziehen, wohlfeiler und bequemer leben zu können. Sodann verbracht' ich mit Sömmerrings, Huber, Forsters und andern
Freunden zwei muntere Abende: hier fühlt' ich mich schon wieder in
vaterländischer Luft. Meist schon frühere Bekannte, Studiengenossen,
in dem benachbarten Frankfurt wie zu Hause Sömmerrings Gattin war
eine Frankfurterin sämtlich mit meiner Mutter vertraut, ihre
genialen Eigenheiten schätzend, manches ihrer glücklichen Worte
wiederholend, meine große Ähnlichkeit mit ihr in heiterem Betragen
und lebhaften Reden mehr als einmal beteuernd: was gab es da nicht
für Anlässe, Anklänge, in einem natürlichen, angebornen und
angewöhnten Vertrauen! Die Freiheit eines wohlwollenden Scherzes
auf dem Boden der Wissenschaft und Einsicht verlieh die heiterste
Stimmung. Von politischen Dingen war die Rede nicht, man fühlte, dass
man sich wechselseitig zu schonen habe: denn wenn sie republikanische
Gesinnungen nicht ganz verleugneten, so eilte ich offenbar, mit einer
Armee zu ziehen, die eben diesen Gesinnungen und ihrer Wirkung ein
entschiedenes Ende machen sollte. Zwischen Mainz und Bingen erlebt' ich eine Szene, die mir den Sinn
des Tages alsobald weiter aufschloss. Unser leichtes Fuhrwerk
erreichte schnell einen vierspännigen, schwer bepackten Wagen; der
ausgefahrne Hohlweg aufwärts am Berge her nötigte uns, auszusteigen,
und da fragten wir denn die ebenfalls abgestiegenen Schwäger, wer vor
uns dahinfahre? Der Postillion jenes Wagens erwiderte darauf mit
schimpfen und Fluchen, dass es Französinnen seien, die mit ihrem
Papiergeld durchzukommen glaubten, die er aber gewiss noch umwerfen
wolle, wenn sich einigermaßen Gelegenheit fände... Continue reading book >>
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