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Laokoon By: Gotthold Ephraim Lessing (1729-1781) |
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Gotthold Ephraim Lessing Mit beiläufigen Erläuterungen verschiedener Punkte der alten
Kunstgeschichte Vorrede Der erste, welcher die Malerei und Poesie miteinander verglich, war
ein Mann von feinem GefÜhle, der von beiden Künsten eine Ähnliche
Wirkung auf sich verspürte. Beide, empfand er, stellen uns abwesende
Dinge als gegenwärtig, den Schein als Wirklichkeit vor; beide
täuschen, und beider Täuschung gefällt. Ein zweiter suchte in das Innere dieses Gefallens einzudringen, und
entdeckte, daß es bei beiden aus einerlei Quelle fließe. Die
SchÖnheit, deren Begriff wir zuerst von körperlichen Gegenständen
abziehen, hat allgemeine Regeln, die sich auf mehrere Dinge anwenden
lassen; auf Handlungen, auf Gedanken, sowohl als auf Formen. Ein dritter, welcher über den Wert und über die Verteilung dieser
allgemeinen Regeln nachdachte, bemerkte, daß einige mehr in der
Malerei, andere mehr in der Poesie herrschten; daß also bei diesen
die Poesie der Malerei, bei jenen die Malerei der Poesie mit
Erläuterungen und Beispielen aushelfen könne. Das erste war der Liebhaber; das zweite der Philosoph; das dritte der
Kunstrichter. Jene beiden konnten nicht leicht, weder von ihrem Gefühl, noch von
ihren Schlüssen, einen unrechten Gebrauch machen. Hingegen bei den
Bemerkungen des Kunstrichters beruhet das meiste in der Richtigkeit
der Anwendung auf den einzeln Fall; und es wäre ein Wunder, da es
gegen einen scharfsinnigen Kunstrichter funfzig witzige gegeben hat,
wenn diese Anwendung jederzeit mit aller der Vorsicht wäre gemacht
worden, welche die Wage zwischen beiden Künsten gleich erhalten muß. Falls Apelles und Protogenes, in ihren verlornen Schriften von der
Malerei, die Regeln derselben durch die bereits festgesetzten Regeln
der Poesie bestätiget und erläutert haben, so darf man sicherlich
glauben, daß es mit der Mäßigung und Genauigkeit wird geschehen sein,
mit welcher wir noch itzt den Aristoteles, Cicero, Horaz, Quintilian,
in ihren Werken die Grundsätze und Erfahrungen der Malerei auf die
Beredsamkeit und Dichtkunst anwenden sehen. Es ist das Vorrecht der
Alten, keiner Sache weder zu viel noch zu wenig zu tun. Aber wir Neuern haben in mehrern Stücken geglaubt, uns weit über sie
wegzusetzen, wenn wir ihre kleinen Lustwege in Landstraßen
verwandelten; sollten auch die kürzern und sichrern Landstraßen
darüber zu Pfaden eingehen, wie sie durch Wildnisse führen. Die blendende Antithese des griechischen Voltaire, daß die Malerei
eine stumme Poesie, und die Poesie eine redende Malerei sei, stand
wohl in keinem Lehrbuche. Es war ein Einfall, wie Simonides mehrere
hatte; dessen wahrer Teil so einleuchtend ist, daß man das
Unbestimmte und Falsche, welches er mit sich führet, übersehen zu
müssen glaubet. Gleichwohl übersahen es die Alten nicht. Sondern indem sie den
Ausspruch des Simonides auf die Wirkung der beiden Künste
einschränkten, vergaßen sie nicht einzuschärfen, daß, ohngeachtet der
vollkommenen Ähnlichkeit dieser Wirkung, sie dennoch, sowohl in den
Gegenständen als in der Art ihrer Nachahmung (ulh kai tropoiV
mimhsewV) verschieden wären. Völlig aber, als ob sich gar keine solche Verschiedenheit fände,
haben viele der neuesten Kunstrichter aus jener Übereinstimmung der
Malerei und Poesie die krudesten Dinge von der Welt geschlossen.
Bald zwingen sie die Poesie in die engern Schranken der Malerei; bald
lassen sie die Malerei die ganze weite Sphäre der Poesie füllen.
Alles was der einen recht ist, soll auch der andern vergönnt sein;
alles was in der einen gefällt oder mißfällt, soll notwendig auch in
der andern gefallen oder mißfallen; und voll von dieser Idee,
sprechen sie in dem zuversichtlichsten Tone die seichtesten Urteile,
wenn sie, in den Werken des Dichters und Malers über einerlei Vorwurf,
die darin bemerkten Abweichungen voneinander zu Fehlern machen, die
sie dem einen oder dem andern, nach dem sie entweder mehr Geschmack
an der Dichtkunst oder an der Malerei haben, zur Last legen... Continue reading book >>
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