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Ludwig Fugeler Roman By: Anna Schieber |
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Anmerkungen zur Transkription Passagen, die im Original nicht in Fraktur gesetzt waren, sind
hier durch Kreuze gekennzeichnet, gesperrt gedruckte Passagen
durch Unterstriche . Weitere Anmerkungen befinden sich am Ende des Textes. LUDWIG FUGELER Roman von ANNA SCHIEBER Erste bis vierzehnte Auflage
[Illustration: Verlags Signet] Verlegt bei Eugen Salzer in Heilbronn
1918 Copyright by Eugen Salzer, Heilbronn
Den Einband zeichnete Karl Sigrist
Ich muß dir etwas erzählen, liebste Frau, was mir gestern begegnet ist,
und was ich dir gerne mündlich sagte, wenn du nicht in weiter Ferne am
Meeresstrande säßest, du Ausreißerin. Deine braunen Fensterläden sind geschlossen; der alte Nußbaum klopft mit
schwanken Zweigen daran und fragt, ob du bald kommest. Und auch ich frage so. Du weißt, warum. Ich darf heute nichts davon sagen,
ich habe es dir versprochen. Du sollst Ruhe haben zu allem. Ruhe? Wenn ich
dir diese Blätter schicke? Doch ich wollte dir ja etwas erzählen. Ich ging mit meinem Freund Haller, den du den Tolpatsch nennst, gegen die
Wilhelmsburg hinauf. Er hatte das kaffeebraune Sommerröckchen an, das du
ihm längst wegsprechen wolltest, und ging, die eine Hand in der Tasche, mit
der andern lebhaft seine Rede begleitend, neben mir her. Er ist ein Kind
und ein Weiser zugleich. Du hättest ihn sehen und hören sollen. Er fand
einen aus dem Nest gefallenen jungen Finken und trug ihn im Taschentuch mit
sich, solang er mir seine Lieblingsidee, die er von Fichte aufgenommen hat,
auseinandersetzte: es gibt nur eine Tugend, sich selber vergessen, und nur
eine Sünde, sich selber zu wichtig nehmen. Dabei erdrückte er im Eifer des
Gesprächs den Finken und sah, als er es merkte, bestürzt das Vogelleichlein
an. Ich wollte es nicht, versicherte er, ich wollte es gewiß nicht tun.
Plötzlich sah ich einen in der Sonne schimmernden Faden, der an seiner
Schulter aufglänzte, und dessen anderes Ende in der himmlischen Bläue
verfestigt zu sein schien. Er mochte sich drehen oder wenden wie er wollte,
der Faden ging mit ihm, so zart er war, denn die unsichtbaren Spinnfrauen
hatten ihn fest und zäh gesponnen. Und mich ergriff eine heitere Rührung,
als ich das große Kind so lieblich an das All gekettet sah. Geh' du nur
hin, dachte ich, und stolpere deinen Gang. Es fliegt doch ein zartes
Seelchen hinter dir drein und leitet dich an einem Silberfaden. Aber als ich nach Hause kam, fiel es mir ein: Kann nicht im Grunde auch ich
von einem solch festen und zarten Gespinst sagen, das mich, mir selbst zum
Trotz manchmal, auf Holper und Stolperwegen begleitet hat, ohne zu
zerreißen? Ich achtete nicht darauf, denn ich war in mir selbst befangen
und haschte täppisch nach Scheindingen, die mir in der Hand zergingen,
indes ich das Beste am Wege stehen ließ. Ich machte weite Umwege und verlor
dabei Kostbares, das ich nicht mehr fand, und beinahe auch mich. Und doch zerriß der Faden nicht, der mich mit dem lebendigen Leben verband.
Als ich erwachte und mich einsam sah, wurde ich seiner gewahr. Da merkte
ich, daß er von guten Händen fest gesponnen sein mußte, denen man nicht so
leicht hinauskommt, um ins Abgründige und Wesenlose zu fallen. Mit dir
werden sie leichtere Mühe haben, als mit mir. Ich habe mich nun entschlossen, dir die Blätter zu schicken, die ich
eigentlich für mich selbst beschrieben habe. Es war vor deiner Zeit. Ich
wußte nicht, ob ich sie noch einmal in vertraute Hände legen würde, als
ich an vielen einsamen Abenden mein Leben vor mir ausbreitete, das zu
stocken schien. Bei manchem, das in der Erinnerung freudig und freundlich
zu mir trat, verweilte ich gern und ausführlich, manches aber
aufzuschreiben fiel mir schwer, wie es einem schwer wird, im Spiegel mit
Aufmerksamkeit sein Gesicht zu betrachten, wenn man inne wird, daß es von
vorzeitigen Runzeln durchfurcht oder von Flecken entstellt ist, und vor
manchem auch graute mir, daß es einmal gewesen sei... Continue reading book >>
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