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Melusine Ein Liebesroman By: Jakob Wassermann (1873-1934) |
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Melusine
Ein Liebesroman
Paris, Leipzig, München
(München, Kaulbachstr. 51 a) Verlag von Albert Langen
1896.
I.
Wenige Menschen verstehen es, ihre Wünsche im Bereich des Möglichen zu
lassen. Nach monatelangem Hungern war es Vidl Falk endlich gelungen, ein
Stipendium von der Hochschule zu erhalten. Mehr hatte er nicht
gewünscht. Er betrachtete sich als gemachten Mann und strebte, sich das
Leben etwas gemächlicher einzurichten. Mit der ganzen Besitzesfreude
eines Kapitalisten trug er sein Vermögen spazieren. Jedoch vermied er
das Gedränge der Verkehrsstraßen, denn er fürchtete sich vor
Taschendieben. Wenn er beim Mittagessen die Zeitung zur Hand nahm, so
studierte er zuerst unter der Rubrik »Lokalnachrichten« die Aufzählung
der Diebstähle und der verlorenen Geldbörsen. Der plötzlich eingetretene Reichtum berauschte ihn. Die schmale,
armselige Zelle, in der er bis jetzt gehaust, ekelte ihn auf einmal an.
Er kündigte und ging aus, ein Zimmer zu suchen, das mit seinen Träumen
möglichst übereinstimmen sollte. Der erfinderische Sinn münchner
Vermieterinnen, der schon den Aushängezettel mit jenen feinen Nüancen
versieht, welche auf den Preis schließen lassen, erleichterte ihm das
Suchen. Eines Nachmittags erkletterte er die zwei steilen Treppen eines ziemlich
vornehmen Hauses in der Heßstraße. »Pension Bender« stand an der
Korridorthüre. Ein kleines, zierliches Fräulein führte ihn in das ausgeschriebene
Zimmer. Leutselig und mit weltmännischem Behagen betrachtete Falk die
vier Wände des Zimmerchens und beklagte, daß keine Ottomane oder »so was
Ähnliches« vorhanden sei. Derselbe herablassende junge Mann hatte sich
vor noch nicht vier Tagen mit einem Mittagessen begnügt, das aus einem
für zehn Pfennige Äpfel bereiteten Mus und mit einem Abendessen, welches
aus purem Schwarzbrot bestand. Mit ironischem Lächeln beobachtete ihn das junge Mädchen. Es schien
seine Spottlust mit Mühe zu zügeln. »Warum lachen Sie denn?« fragte Falk indem er ein möglichst gutmütiges
Gesicht machte, fügte aber sogleich hastig hinzu, daß er das Zimmer
mieten würde. »Wer wohnt denn sonst noch bei Ihnen?« fragte er, mit der
Nase in der Luft schnuppernd, denn es roch nach Weihrauch. Das Mädchen ließ ein helles, hölzernes Lachen hören und erwiderte:
»Nebenan wohnt Doktor Brosam er ist Arzt und er mag den Weihrauch
sehr gern « »Pfui!« »Dann ein Fräulein von Erdmann, eine Gelehrte, und Fräulein Mirbeth. Das
ist alles.« »Eine Gelehrte ? Jung?« Jetzt lachten sie Beide. Gegen Abend des nächsten Tages es war der 1. November bezog Falk
seine neue Wohnung. Als er mit Auspacken und Ordnen seiner
Habseligkeiten fertig war, ging er in die Küche, um die Magd nach etwas
zu fragen. Die Küchenthüre stand halboffen und er wollte sie schon
aufstoßen, als ihn der Anblick einer weiblichen Gestalt, welche drinnen
ganz nahe an der Thür stand, daran hinderte. Diese Gestalt war groß und
schlank, fast hager. Das ihm zugewandte Profil zeigte herbe und unschöne
Linien, ja, es erschien ihm fast abstoßend. Soviel er im Dunkeln
urteilen konnte, war sie noch sehr jung; er hörte eine schleppende und
etwas gewöhnliche Stimme, die mit dem Tonfall einer Ermüdeten der Magd
Erklärungen irgend welcher Art gab. Vidl Falk wandte sich rasch ab, um nicht gesehen zu werden; aber in
diesem Augenblick kam das Fräulein Bender aus dem Wohnzimmer und fragte
nach seinem Begehr. Während er noch mit ihr sprach, verließ das
schlanke, junge Mädchen die Küche und ging an ihnen vorbei. Falk sah
ihr nicht ins Gesicht, obwohl er ihre Züge jetzt genau hätte sehen
können, da die Magd mit der Korridorlampe folgte. Nur flüchtig musterte
er ihren Schlafrock von düsterroter Färbung mit den Aufschlägen an der
Brust und dem Brokatverputz... Continue reading book >>
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