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[Illustration: Cover] [Illustration]
[Illustration: Titelseite]
TROTZKOPF's BRAUTZEIT VON ELSE WILDHAGEN geb. FRIEDRICH FRIEDRICH ZWEITER BAND zum "TROTZKOPF" VON EMMY v. RHODEN (EMMY FRIEDRICH FRIEDRICH) JLLUSTRIERT von WILLY PLANCK
Achtundfünfzigste Auflage oder Dreissigste Auflage der Wohlfeilen Ausgabe
STUTTGART GUSTAV WEISE VERLAG
Druck der Stuttgarter Vereins Buchdruckerei.
[Illustration]
Ilse und Leo saßen lustig plaudernd auf der Veranda vor dem Macketschen Hause. Der warme Mittagssonnenschein eines heiteren Oktobertages stahl sich durch das dichte Blättergewirr des herbstlich gefärbten Weinlaubes zu ihnen herein.
Leo Gontrau erzählte soeben von seinem Leben in der kleinen Stadt, in welcher er als Assessor angestellt war, und nach der er Ilse im kommenden Frühjahr als seine Frau heimführen wollte. Sie unterhielt sich köstlich über seine ebenso drastischen wie komischen Erzählungen und sah im Geiste die geschilderten Personen leibhaftig vor sich. Natürlich war sie schon jetzt der Gegenstand des lebhaftesten Interesses in dem kleinen Ort und Leo konnte nicht genug berichten, wie neugierig man sich nach ihr erkundigte.
"Und mit all den langweiligen Tanten soll ich verkehren?" rief sie endlich, "mit ihnen Kaffee trinken, klatschen, womöglich grauwollene Strümpfe dabei stricken?" Sie warf sich in den Stuhl zurück und brach in ein unbändiges Gelächter aus.
"Na es wird so schlimm nicht werden, Kind, und mir zuliebe mußt du es eben auch mal über das Herz bringen, mit alten Tanten Kaffee zu trinken."
Das heitere Lächeln verschwand von ihrem Gesicht, und sie sah ihn erstaunt an.
"Du meinst doch nicht im Ernst, Leo, daß ich mit allen diesen Damen verkehren muß?"
"Ja, Schatz," gab er ihr zur Antwort, "das müssen wir, ich bin Beamter und habe Rücksichten zu nehmen, das ist nun einmal nicht anders und da wird sich denn meine kleine Frau auch fügen müssen."
"Fügen," rief sie sich aufrichtend, "nein, Leo, fügen werde ich mich nicht, besonders nicht, diese Besuche zu machen."
"Wie kannst du dich nur so ereifern, Ilse," sagte er lächelnd und schüttelte den Kopf.
"Übrigens findest du in B.... auch einige sehr nette junge Frauen, welche dir gewiß gefallen werden."
Sie unterbrach ihn spöttisch. "Du bist ja sehr entzückt von unsrem künftigen Bekanntenkreis; ich muß gestehen, mich verlangt es nicht nach Bekanntschaften, wenn wir erst verheiratet sind. Nur dir will ich leben, weiter niemand; du aber zählst mir jetzt schon vor, mit wem ich verkehren soll dir liegt also nichts, gar nichts daran, mit mir allein zu sein."
Sie sah hübsch aus in ihrer Erregung; Leo mochte sie gern so sehen, mit funkelnden Augen und geröteten Wangen.
Zärtlich zog er sie zu sich heran und strich liebkosend über ihr Haar.
"Kleiner Brausekopf," sagte er, "kannst du denn nicht ruhig denken, nicht ruhig mit mir über unsre Zukunft sprechen?"
Sein etwas überlegenes Lächeln bei diesen Worten brachte sie noch mehr aus der Fassung.
"Ja, du natürlich fügst dich willig in alles, aber das kann und tue ich nicht! Denke nicht, daß ich eine unterwürfige Frau werde, so eine 'Magd', wie sie Chamisso besingt."
Trotzig warf sie die Lippen auf und zerzupfte mit solchem Eifer eine schöne dunkle Rose, als wäre die unschuldige Blume die Urheberin ihres Ärgers.
"Nein, nein," lachte er, "ich weiß, ich bekomme ein widerspenstiges Käthchen, kein sanftes Gretchen zur Frau. Aber du weißt doch auch, Lieb, wie Petruchio sein Käthchen bezwang, daß sie zuletzt ganz gefügig ward und, wenn er es wünschte, die Sonne für den Mond ansah?"
Sie hörte nicht auf seine scherzenden Worte, ihre lebhafte Phantasie war mit ihr weit fort geeilt. Sie sah sich im Geiste als junge Frau, brav und ehrbar wie die andern Frauen, von denen ihr Leo erzählt hatte; da durfte sie gewiß nicht scherzen, lachen und sagen, was sie wollte, mußte gute Lehren anhören, wurde gefragt und ausgeforscht... Continue reading book >>