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Ueber Riemann's Theorie der Algebraischen Functionenby Felix Klein
Edition 1, (January 8, 2007)
CONTENTS
Abschnitt I. Einleitende Betrachtungen. §. 1. Stationäre Strömungen in der Ebene als Deutung der Functionen von x iy. §. 2. Berücksichtigung der Unendlichkeitspuncte von w = f(z). §. 3. Rationale Functionen und ihre Integrale. Entstehung höherer Unendlichkeitspuncte aus niederen. §. 4. Realisation der betrachteten Strömungen auf experimentellem Wege. §. 5. Uebergang zur Kugelfläche, Strömungen auf beliebigen krummen Flächen. §. 6. Zusammenhang der entwickelten Theorie mit den Functionen eines complexen Argumentes. §. 7. Noch einmal die Strömungen auf der Kugel. Riemann's allgemeine Fragestellung. Abschnitt II. Exposition der Riemann'schen Theorie. §. 8. Classification geschlossener Flächen nach der Zahl p . §. 9. Vorläufige Bestimmung stationärer Strömungen auf beliebigen Flächen. §. 10. Die allgemeinste stationäre Strömung. Beweis für die Unmöglichkeit anderweitiger Strömungen. §. 11. Erläuterung der Strömungen an Beispielen. §. 12. Ueber die Zusammensetzung der allgemeinsten complexen Function des Ortes aus einzelnen Summanden. §. 13. Ueber die Vieldeutigkeit unserer Functionen. Besondere Betrachtung eindeutiger Functionen. §. 14. Die gewöhnlichen Riemann'schen Flächen über der x iy Ebene. §. 15. Der Ring p = 1 und die zweiblättrige Fläche mit vier Verzweigungspuncten über der Ebene. §. 16. Functionen von [formula], welche den untersuchten Strömungen entsprechen. §. 17. Tragweite und Bedeutung unserer Betrachtungen. §. 18. Weiterbildung der Theorie. Abschnitt III. Folgerungen. §. 19. Ueber die Moduln algebraischer Gleichungen. §. 20. Conforme Abbildung geschlossener Flächen auf sich selbst. §. 21. Besondere Betrachtung der symmetrischen Flächen. § 22. Conforme Abbildung verschiedener Flächen auf einander. §. 23. Berandete Flächen und Doppelflächen. §. 24. Schlussbemerkung.
ABSCHNITT I. EINLEITENDE BETRACHTUNGEN.
§. 1. Stationäre Strömungen in der Ebene als Deutung der Functionen von x iy.
Die physikalische Deutung der Functionen von [formula], mit welcher wir im Folgenden zu arbeiten haben, ist in ihren Grundlagen wohlbekannt(1), nur der Vollständigkeit halber müssen letztere kurz zur Sprache gebracht werden.
Sei [formula], [formula], [formula]. Dann hat man vor allen Dingen:
[formula]
und hieraus:
[formula]
sowie für v :
[formula]
Hier wird man nun u als Geschwindigkeitspotential deuten, so dass [formula] [formula] die Componenten der Geschwindigkeit sind, mit der eine Flüssigkeit parallel zur [formula] Ebene strömt. Wir mögen uns diese Flüssigkeit zwischen zwei Ebenen eingeschlossen denken, die parallel zur [formula] Ebene verlaufen, oder auch uns vorstellen, dass die Flüssigkeit als unendlich dünne, übrigens gleichförmige Membran über der [formula] Ebene ausgebreitet sei. Dann sagt die Gleichung (2) und dies ist der Kern unserer physikalischen Deutung , dass unsere Strömung eine stationäre ist. Die Curven [formula] Const. heissen die Niveaucurven , während die Curven [formula] Const., die vermöge (1) den ersteren überall rechtwinkelig begegnen, die Strömungscurven abgeben.
Bei dieser Vorstellungsweise ist es zunächst natürlich völlig gleichgültig, wie beschaffen wir uns die strömende Flüssigkeit denken wollen. Inzwischen wird es in der Folge vielfach zweckmässig sein, dieselbe mit dem elektrischen Fluidum zu identificiren. Es wird dann nämlich u mit dem elektrostatischen Potential, welches die Strömung hervorruft, proportional, und die experimentelle Physik gibt uns mannigfache Mittel an die Hand, um zahlreiche Strömungszustände, die uns interessiren, thatsächlich zu realisiren... Continue reading book >>