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Die Versuchung des Pescara By: Conrad Ferdinand Meyer (1825-1898) |
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Conrad Ferdinand Meyer Novelle
Erstes Kapitel
In einem Saale des mailändischen Kastelles saß der junge Herzog
Sforza über den Staatsrechnungen. Neben ihn hatte sich sein Kanzler
gestellt und erklärte die Zahlen mit gleitendem Finger. "Eine furchtbare Ziffer!" seufzte der Herzog und entsetzte sich vor
der Summe, welche die mit Eile betriebenen Festungsarbeiten
verschlungen hatten. "Wie viele Schweißtropfen meiner armen
hungernden Lombarden!" Und um dem Anblick der verhängnisvollen Zahl
zu entrinnen, ließ er die melancholischen Augen über die Wände laufen,
die mit hellfarbigen Fresken bedeckt waren. Links von der Tür hielt Bacchus ein Gelag mit seinem mythologischen
Gesinde, und rechts war als Gegenstück die Speisung in der Wüste
behandelt von einer flotten, aber gedankenlosen, den heiligen
Gegenstand bis an die Grenzen der Ausgelassenheit verweltlichenden
Hand. Oben auf der Höhe, klein und kaum sichtbar, saß der göttliche
Wirt, während sich im Vordergrunde eine lustige Gesellschaft
ausbreitete, die an Tracht und Miene nicht übel einer Mittag
haltenden lombardischen Schnitterbande glich und zum Lachen alle
Gebärden eines gesunden Appetites versinnlichte. Der Blick des Herzogs und der demselben aufmerksam folgende seines
Kanzlers fielen auf ein schäkerndes Mädchen, das, einen großen Korb
am Arme, wohl um die überbleibenden Brocken zu sammeln, sich von dem
neben ihr gelagerten Jüngling umfangen und einen gerösteten Fisch
zwischen das blendend blanke Gebiß schieben ließ. "Die da wenigstens
verhungert noch nicht", scherzte der Kanzler mit mutwilligen Augen. Ein trübes Lächeln bildete und verflüchtigte sich auf dem feinen
Munde des Herzogs. "Warum Festungen bauen?" kam er auf den
Gegenstand seiner Sorge zurück. "Das ist ein schlechtes Geschäft!
Pescara, der große Belagerer, wird sie schnell wegnehmen und mir dann
noch die Kriegskosten aufhalsen. Höre, Girolamo", und er richtete
seinen binsenschlanken Körper in die Höhe, "laß mich weg aus deinen
geheimen Bündnissen und Artikeln, du unermüdlicher Zettler! Ich will
nichts davon wissen. Du richtest mich und meine Lombarden zugrunde,
du Strafe Gottes! Ich will mich nicht an dem Kaiser versündigen: er
ist mein Lehensherr. Und lieber will ich mich von seinen höllischen
Spaniern schinden lassen, als daß mich meine neuen Bundesgenossen
voranschieben und verraten." Wie ein sich Aufgebender ließ er sich,
die spitzen Knie vorgestreckt, in seinen Sessel niedergleiten und
rief voller Verzweiflung: "Ich will eine Muhme oder eine Schwester
des Kaisers heiraten! Das sollst du veranstalten, wenn du der große
Staatsmann bist, der zu sein du dir einbildest." Der Kanzler brach in ein zügelloses Gelächter aus. "Du hast gut lachen, Girolamo. Von den steilsten Dächern
herabrollend, kommst du wie eine Katze immer wieder auf die Füße zu
stehen! Ich aber gehe in Stücke! Ich und mein Herzogtum
verflüchtigen uns in dem Hexenkessel, der in deinem Kopfe brodelt.
Miserere: eine Liga mit dem heiligen Vater, mit San Marco, mit den
Lilien! O die böse Klimax! O die unheilige Dreieinigkeit! Dem
Papste traut man nicht über den Weg, weder ich noch irgendeiner. Er
ist ein Medici! Marcus aber, mein natürlicher Feind und Nachbar, ist
der ruchloseste aller Heiligen. Und nun gar Frankreich, das mir den
Vater in einem Kerkerloche verwesen ließ und den armen Bruder Max,
den du verkauft hast, du Schlimmer, in Paris versorgt!" Die
beweglichen Züge des fürstlichen Knaben entstellten sich, als sehe er
den Genius seines Hauses die Fackel langsam senken und auslöschen.
Eine Träne rann über seine magere Wange. Der Kanzler streichelte sie ihm väterlich. "Sei nicht unklug,
Fränzchen", tröstete er. "Ich hätte den Max verraten? Keineswegs.
Es war die Logik der Dinge, daß er sich gab nach der Zermalmung der
Schweizer. Ich habe seine Rente mit König Franz vereinbart und noch
um ein Gutes hinaufgemarktet. Er selbst sah ein, daß ich es redlich
mit ihm meine, und dankte mir... Continue reading book >>
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