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[Illustration: Katharina von Boranach dem Gemälde von Lucas Cranach im Museum zu Schwerin
Phot. F. u. O. Breckmann Nachf., Dresden.
Verlag Georg Reimer, Berlin.]
Katharina von Bora
Geschichtliches Lebensbild
von D. Albrecht Thoma
Berlin
Druck und Verlag Georg Reimer.
1900.
Vorwort.
In dem "Leben Luthers" bietet das Kapitel "Luthers Häuslichkeit" als
freundliche Idylle ein liebliches Ausruhen von den dramatischen Kämpfen
und dem epischen Gange einer reformatorischen Wirksamkeit. Die Briefe an
eine "liebe Hausfrau" sind unter den Tausenden seiner Episteln die
schönsten und originellsten. Dafür liegt der Grund doch nicht allein in
dem reichen Gemüt und dem geistvollen Humor des großen Mannes, sondern
auch in der Persönlichkeit seiner lebhaften, temperamentvollen Gattin.
Es muß doch eine bedeutende Frau gewesen sein, die der große Mann als
seine Lebensgefährtin zu sich emporhob und die sich getraute, die Gattin
des gewaltigen Reformators zu werden und der es gelungen ist, ihm zu
genügen; und ein sympathischer Charakter mußte das sein, an dem er seine
frohe Laune so schön entfalten konnte. Sie hat ihrem Doktor das schöne
Heim geschaffen und das vorbildliche evangelische Pfarrhaus. Und so lebt
auch Luthers Käthe als die Genossin von dem Liebling und Stolz unserer
Nation in der Seele des deutschen Volkes in gutem Gedenken.
Es kann nun auffallen, daß eine eigentliche Lebensgeschichte der Gattin
Luthers bisher noch gar nicht erschienen ist, daß fast mehr
schmähsüchtige Feinde, wie vor hundertfünfzig Jahren ein Engelhard, ihre
wenig lauteren Künste an dieser Aufgabe geübt haben; und besonders ist
zu verwundern, daß in dem letzten halben Jahrhundert, diesem so
hervorragend historischen Zeitalter, seit den beiden gleichzeitig
erschienenen quellenreichen Skizzen von Beste und Hofmann keine
Biographie entstand, nicht einmal für dieses Jubiläumsjahr ihres
vierhundertjährigen Geburtstages.
Der Grund dieser eigentümlichen Erscheinung liegt aber doch klar. Einmal
wird eben in "Luthers Leben" das Bild Katharinas von Bora stets mit
hineingemalt; sodann ist es schwierig, neben der gewaltigen Gestalt
ihres Gatten sie recht zur Geltung kommen zu lassen; endlich ist eine
mühsame Kleinarbeit erforderlich, um eine lebensvolle Zeichnung zu
entwerfen, und überraschende Entdeckungen sind bei aller Findigkeit hier
nicht zu machen.
Dennoch verdient Luthers Käthe so viel das geschehen kann für sich
besonders betrachtet zu werden, wie ja ihr Bild so oft für sich neben
demjenigen des großen Doktors gemalt ist. Ist Frau Käthe freilich nichts
ohne den D. Martinus, so kann man doch auch fragen: Was wäre Luther ohne
seine Käthe? Dem Lebensbilde des großen Reformators fehlte das
menschlich Anziehende, fehlten die vor allem uns Deutschen ausbrechenden
gemütlichen Beziehungen des Familienlebens. Und das hat Frau Käthe ihm
geschaffen. Ihr ist es zu verdanken, daß die Welt ihn so lange, und so
lange in geistiger Frische und freudigem Arbeitseifer gehabt hat.
So mag es ein Denkmal sein, und wie es der schlichten deutschen
Hausfrau geziemt ein anspruchsloses, was ihr hier zu ihrem
vierhundertjährigen Gedächtnistage gesetzt ist.
Inhaltsverzeichnis.
1. Katharinas Herkunft und Familie.
Sachsen und Meißen
Bora
Lippendorf
Eltern und Brüder
"Muhme Lene" und Maria v. Bora
Armut der Familie
Der Eltern Tod
2. Im Kloster
"Ehrsame" Jungfrauen
Adelige Stifter
Klosterkinder
Nimbschen
Klosterfrauen
Klausur
Würden
Klostergenossinnen
Die Novize
Kloster Regel
Erziehung
Die Postulantin
Einsegnung
Tagewerk
Reliquien
Ablaß
Kloster Erlebnisse
Nonnen Beruf
3. Die Flucht aus dem Kloster
Luthers Schriften über Ablaß, gute Werke, Klostergelübde
Vermittelung der Schriften
Leonhard Koppe
Austrittsgedanken
Die Verwandten
Klagebrief an Luther
Bedenken
Flucht Plan
Das Entkommen aus dem Kloster
Die Flucht
Offener Brief an Koppe, "daß Jungfrauen Kloster göttlich verlassen mögen"
Der Abt von Pforta
Neue Entweichungen
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