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Waldwinkel By: Theodor Storm (1817-1888) |
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von THEODOR STORM Novelle (1874) Ueber dem Dache des Rathauses, das zugleich die Wohnung des staedtischen Buergermeisters bildete, kreuzten die ersten Schwalben in der Fruehjahrssonne; auf der Vorstrasse standen die "Buergermeistersbuben" und suchten vergebens die Koenigin der Luft mit den Lehmkugeln ihres Pustrohrs zu erreichen. Drinnen aber in seinem Geschaefts und Arbeitszimmer sass der Gestrenge selbst, der ausser dem genannten Amte auch das eines Gerichtsdieners und Polizeimeisters in seiner Person vereinigte, vertieft in ein dickes Aktenfaszikel, nicht achtend des heiteren Glanzes, der durch die Fenster zu ihm hereinstroemte. Da wurde draussen fluechtig an die Tuer gepocht, und auf das verdrossene "Herein!" des Beamten trat ein brauner stattlicher Mann ueber die Schwelle, der indes die erste Haelfte der Vierziger schon erreicht haben mochte. Der Buergermeister erhob das rote behagliche Gesicht aus seinen Akten, warf einen fluechtigen Blick auf den Eintretenden und sagte, als er die feinere Kleidung desselben bemerkt hatte, mit einer runden Handbewegung: "Wollen Sie gefaelligst Platz nehmen; ich werde gleich zu Ihren Diensten sein." Dann steckte er den Kopf wieder in die Akten. Der andere aber war einen Schritt naeher getreten. "Bist du jetzt immer so fleissig, Fritz?" sagte er. "Du littest ehemals nicht an dieser Krankheit." Der Buergermeister fuhr empor, hakte die Brille von der Nase und starrte den Sprecher aus seinen kleinen gutmuetigen Augen an. "Richard, du bist es!" rief er. "Mein Gott, wie gut du mich noch kennst! Und doch, mein Scheitel ist kahl und der Rest des Haares grau geworden! Ja, ja, ein solches Buergermeisteramt!" Die kleine beleibte Gestalt war hinter dem Aktentisch hervorgekommen. Voll Erstaunen blickte er in das Antlitz des ihn fast um Kopfeshoehe ueberragenden Freundes. "Das", sagte er und taetschelte mit seiner kurzen Hand ueber das noch glaenzend braune Haar desselben, "das ist natuerlich nur Peruecke; aber die Augen, diese unnatuerlich jungen Augen, das sind doch wohl noch die echten alten aus unseren lustigen Tagen!" Der Gast liess laechelnd diesen Strom des Geplauders ueber sich ergehen, waehrend der Buergermeister ihn neben sich aufs Sofa niederzog. "Und nun", fuhr der letztere fort, "wo kommst du her, was bist du, was treibst du?" "Ich, Fritz?" erwiderte scherzend der andere, "ich suche einen Inhalt fuer das noch immer leere Gefaess meines Lebens; oder vielmehr", fuegte er etwas ernster hinzu, "ich suche ihn nicht, ich leide nur ein wenig an dieser Leere." Der Buergermeister sah ihm treuherzig in die Augen. "Du, Richard?" sagte er, "der auf der Universitaet alle Fakultaeten abgeweidet hat! Will doch ein alter Kamerad unter einem gewissen Anonymus sogar deine Feder in einer botanischen Zeitschrift entdeckt haben!" "Wirklich, Fritz? Er hat nicht fehlgesehen." Der kleine dicke Mann besann sich. "Du bist noch ledig?" fragte er. "Ja? Noch immer? Hm! Du warst ein Schwaermer, Richard! Weisst du noch, als wir Studenten auf der Dornburg tanzten? Du hattest derzeit die Braut zu Hause; du wolltest nicht tanzen; du sassest in der Ecke bei dem langen Wassermann, der wegen seiner grossen Stiefel nicht tanzen konnte, und trankst nur Wein, sehr viel Wein, Richard! Du wolltest die seligen Taenze nicht entweihen, die du daheim mit ihr getanzt hattest!" Der andere war ein wenig still geworden, waehrend der Buergermeister in ploetzlicher Unruhe seine goldene Uhr aus dem Abgrund seiner Tasche zog. "Sag mir, Liebster", begann er wieder, du schenkst mir doch den heutigen Tag?" "Ich muss am Nachmittag noch weiter." "Immer noch der alte Meister Unruh?" "Verzeih, die Extrapost ist schon bestellt! Ihr habt hier einige Meilen noerdlich zwischen Heidesumpf und Wald noch eine wenig abgesuchte Flora!" "Aha!" rief der Buergermeister, "bei Foehrenschwarzeck, wo die verrueckten Junker wohnen, die weder einen Baum faellen noch ein Stueck Heide aufbrechen wollen!" Der Gast nickte... Continue reading book >>
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